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Mrz 27, 2021 643 0 Rosanne Pappas, USA
Begegnung

Der Meisterkünstler

Vielleicht fühlst du dich verloren und allein. Fasse Mut, denn Gott weiß genau, wo du bist!

Allein unter der Dusche konnte ich schreien und niemand hörte es. Das Wasser prasselte auf meinen Kopf, während sich mein Herz vor Angst krümmte. Mein Verstand stellte sich das Schlimmste vor, einen kleinen Sarg und einen unerträglichen Verlust. Mein Herz schmerzte, wie eingeklemmt in einem Schraubstock, es war zugleich ein körperlicher Schmerz, ein tiefgehendes, quälendes Gefühl und ein schrecklicher Gedanke. Es durchdrang mein ganzes Wesen, und nichts und niemand konnte den Schmerz lindern.

Leiden ist Teil des menschlichen Daseins, unvermeidlich, ein besonderes Kreuz, das jeder von uns tragen muss. Aber ich wollte dieses Kreuz nicht tragen. Ich wollte ein anderes. Ich konnte unter seiner Last nur wimmern: „Bitte Gott, gib mir ein anderes Kreuz, nicht dieses. Ich kann dieses nicht tragen. Ich werde jeden Schmerz, jede Krankheit, alles ertragen, aber nicht das, nicht meinen Sohn. Das hier ist zu groß. Ich kann nicht, bitte“, flehte ich. Übelkeit überkam mich. Ich erbrach mich und sackte dann schluchzend auf den Boden der Dusche und weinte.

Mein „Nein“ war vergeblich. Ergebenheit war der einzige Weg nach vorne. Ausgelaugt und erschöpft betete ich: „Wenn du dieses Kreuz nicht ändern willst, Gott, bitte gib mir die Kraft, es zu tragen, um dich stolz zu machen…“ Der winzige Sarg blitzte wieder in meinem Kopf auf. „Egal, wohin es führt. Hilf mir, ich schaffe das nicht ohne dich.“

Mein süßer kleiner Junge wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Acht Tage lang lag ich neben ihm in seinem Krankenhausbett. Sein Geist war unverändert durch seine Krankheit, aber er sah nicht mehr wie er selbst aus. Lila und hellrosa Flecken bedeckten seine Wangen und liefen über seinen Nasenrücken und über seine Arme und Beine. Die Medizin, die ihm eine Gnadenfrist verschaffte, blähte sein Gesicht und seinen Körper auf. Wenn er schlief, was kaum der Fall war, schluchzte ich mich in den Schlaf. Ich versuchte den Krieg, der in seinem kleinen Körper tobte, erträglicher zu machen, durch Gebete, Ablenkung und das Schaukeln seines gebrechlichen Körpers. Ich las ihm vor und zeichnete Karikaturen auf einem Magna Doodle, das er bekommen hatte, bevor er ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Es war für uns beide therapeutisch, denn ich hatte noch nie zeichnen können. Plötzlich konnte ich mit Leichtigkeit zeichnen.

Schließlich wurde mein Sohn aus dem Krankenhaus entlassen. Wir hatten einen Behandlungsplan, Hoffnung und ein Gebet um Heilung. Unsere neue Normalität begann. Meine Mutter schlug vor, dass ich meine neue Gabe zu zeichnen nutzen sollte. Wir besuchten zusammen einen Kunstkurs im örtlichen Atelier für bildende Kunst. Die Kunstlehrerin dort sagte uns, wir sollten ein Bild mitbringen, das uns berührte. Ich brachte eine Weihnachtskarte mit, auf der die Gottesmutter mit dem Jesuskind im Arm abgebildet war. Die Kunstlehrerin meinte daraufhin, dass ich wegen meiner mangelnden Erfahrung und Ausbildung etwas Einfacheres wie eine Blume zeichnen sollte. Ich drehte meinen Hocker zu ihr hin und sagte: „Mein Sohn könnte tot sein, aber er lebt. Jesus und die Gottesmutter sind alles, was für mich zählt. Sie berühren mich.“ Ihre Augen weiteten sich. „Oh, ich hatte keine Ahnung von Ihrem Sohn. Das tut mir leid. Achten Sie einfach auf Ihre Werte“, sagte sie. Ich war verwirrt. „Was haben meine Moralvorstellungen mit meinem Bild zu tun?“ fragte ich. „Helle und dunkle Tonwerte“, sagte sie sanft. „Oh, okay“, sagte ich etwas peinlich berührt.

Ich drehte mich zu meiner Staffelei, schloss die Augen und betete: „Komm, Heiliger Geist, hilf mir, ein Bild zu malen, das andere dazu bringt, Jesus und Maria so zu lieben und zu brauchen, wie ich es jetzt tue.“ Während ich malte, sehnte ich mich nach der Kraft, der Liebe und der Weisheit des Himmels, um das durchzustehen. Mein Verlangen fand Ausdruck in meiner Kunst, jedes neue Werk ein Gebet und ein Geschenk Gottes.

Eines Morgens auf dem Weg aus der Messe sprach mich ein Priester, der zu Besuch war, an. „Ich habe das Bild gesehen, das Sie im Haus Ihrer Schwester gemalt haben, von Christus und dem Engel während der Agonie im Garten. Es hat mich bewegt. Ihre Schwester erzählte mir von Ihrem Sohn und wie Sie inmitten Ihrer Ängste unerwartet Ihr Talent zum Malen entdeckt haben. Ihre Kunst ist wirklich ein Segen, der aus dem Leiden geboren wurde, ein Geschenk“, sagte er. „Ich danke Ihnen. Das ist sie. Rückblickend habe ich das Gefühl, dass das Geschenk der Kunst eine Vorsehung war“, sagte ich.

„Warum? Was meinen Sie?“, fragte er.

„Das Zeichnen lehrte mich, alles anders zu sehen. Ich entdeckte, dass der Kontrast von Dunkelheit und Licht in einem Bild Tiefe, Reichtum und Schönheit erzeugt. Ohne das Licht ist die Dunkelheit in einem Bild ein leerer Abgrund. Die Dunkelheit des Leidens ist wie die Dunkelheit in einem Gemälde. Ohne das Licht Christi drohte das Leiden, mich in die Tiefen der Verzweiflung zu stürzen. Als ich schließlich losließ und meinen Schmerz und alle Umstände Jesus übergab, fiel ich in seine liebenden Arme und seinen Plan für mein Leben. Und dann benutzte Christus, der Meisterkünstler, die Dunkelheit meines Leidens, um mein Herz zärtlich zu machen; um Raum zu schaffen, damit Glaube, Mitgefühl, Hoffnung und Liebe in mir wachsen konnten. Das Licht Christi hat die Dunkelheit vollkommen gemacht und daraus unsagbaren Segen für meinen Sohn, meine Ehe und unsere Familie hervorgebracht „, sagte ich.

„Jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Es ist wirklich wahr. Die Kunst ahmt das Leben nach und das mit Christus vereinte Leiden bringt großen Segen. Gepriesen sei Gott“, sagte er.

„Amen“, antwortete ich.

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Rosanne Pappas

Rosanne Pappas ist Künstlerin, Autorin und Rednerin. Sie inspiriert andere, indem sie persönliche Geschichten über Gottes Gnade in ihrem Leben teilt. Seit über fünfunddreißig Jahren verheiratet leben sie und ihr Ehemann in Florida und haben vier Kinder.

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