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Mrz 29, 2023 316 0 Bruder John Baptist Santa Ana, O.S.B.
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Gott lädt ein

Wenn du deutlich hörst, was Gott von dir will, dann trau dich, es zu tun!

„Werde erst Mönch.“ Dies waren die ersten Worte, die ich von Gott erhielt, als ich 21 Jahre alt war; 21 Jahre alt mit den Plänen und Interessen, die man von einem durchschnittlichen 21jährigen erwarten würde. Ich hatte vor, das College innerhalb eines Jahres abzuschließen, Pläne, in der Jugendarbeit tätig zu sein, während ich als Stuntman in Hollywood arbeitete. Ich stellte mir vor, eines Tages auf die Philippinen zu ziehen und eine Zeit lang unter Stämmen auf einer abgelegenen Insel zu leben. Und natürlich hatten auch Heirat und Kinder eine sehr starke Anziehungskraft für mich. Diese und andere Bestrebungen wurden jedoch abrupt gestoppt, als Gott diese vier unmissverständlichen Worte sprach. Einige begeisterte Christen sind neidisch, wenn ich ihnen erzähle, wie Gott seinen Willen für mein Leben so deutlich gemacht hat. Sie sagen oft: „Ich wünschte, Gott würde auch zu mir auf diese Weise sprechen.“ Als Antwort darauf möchte ich jedoch aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen zu Gottes Redeweise etwas klarstellen:

Gott spricht nicht, bis wir bereit sind, zu hören und anzunehmen, was er zu sagen hat. Was er zu sagen hat, kann bestimmen, wie lange es dauert, bis wir bereit sind. Bis wir Gottes Wort hören und empfangen können, wird er einfach warten; und Gott kann sehr lange warten, wie das Gleichnis vom verlorenen Sohn veranschaulicht. Noch wichtiger ist, dass diejenigen, die auf ihn warten, überall in der Heiligen Schrift hochgeschätzt werden. Ich sollte meine Berufung, Mönch zu werden, mit Details darüber einleiten, wie meine Berufung wirklich begann, als ich als Jugendlicher anfing, die Kirchenväter zu lesen, oder genauer gesagt, als ich anfing, täglich die Bibel zu lesen. Wenn man diese Details berücksichtigt, zeigt sich, dass es sieben Jahre der Einsicht bedurfte, bis ich gerade einmal vier Worte von Gott empfangen konnte.

Stöbern in Büchern

Als Kind hasste ich es zu lesen. Stundenlang mit einem Buch in einem stickigen Raum zu sitzen, machte keinen Sinn, wenn direkt vor meiner Tür endlose Abenteuer warteten. Das Gebot, täglich in der Bibel zu lesen, stellte mich allerdings vor ein unlösbares Dilemma. Jeder Evangelist weiß, dass jeder Christ, der die Bibel einstauben lässt, wohl kein sehr guter Christ ist. Aber wie sollte ich die Heilige Schrift studieren als jemand, der das Lesen hasste? Durch den Einfluss und das Beispiel eines Jugendseelsorgers biss ich die Zähne zusammen und machte es mir zur Aufgabe, mich im Wort Gottes durch ein Buch nach dem anderen zu arbeiten. Je mehr ich las, desto mehr Fragen stellten sich mir. Mehr Fragen aber führten dazu, dass ich auch mehr Bücher las, um mehr Antworten zu finden.

Teenager sind von Natur aus intensiv. Subtilität dagegen ist etwas, das sie erst später im Leben lernen, was der Grund dafür ist, dass mich als junger Mann die Kirchenväter so faszinierten. Ignatius war überhaupt nicht subtil, und Origenes war nicht gerade kultiviert. Die Kirchenväter waren in jeder Hinsicht extrem, verzichteten auf irdische Güter, lebten in der Wüste und opferten ihr Leben oft für den Herrn auf. Als Jugendlicher mit Neigung zum Extremen fand ich niemanden, der es mit den Kirchenvätern aufnehmen konnte. Kein Kampfsportler konnte sich mit der Märtyrerin Perpetua vergleichen, und kein Surfer war zäher als der Hirte von Hamas. Und doch ging es diesen frühen Radikalen um nichts anderes als darum, das Leben Christi nachzuahmen, wie es in der Bibel dargestellt ist. Darüber hinaus waren sich alle darin einig, ein Leben im Zölibat und in Kontemplation zu führen. Dieses Paradox erschien mir auffällig: Extrem zu sein wie die Kirchenväter bedeutete einen Lebensstil, der oberflächlich betrachtet eher banal erschien. Mehr Fragen zum Nachdenken.

Widerrede

Als ich meinen Abschluss in der Tasche hatte, war ich hin- und hergerissen zwischen einigen Stellenangeboten, die über die konfessionelle Zugehörigkeit entscheiden würden, und möglichen Einrichtungen für die weitere Ausbildung nach dem College. Damals riet mir mein anglikanischer Priester, die Angelegenheit im Gebet vor Gott zu bringen. Wie ich ihm dienen sollte, war letztlich seine Entscheidung, nicht meine. Und welcher Ort wäre besser geeignet, den Willen Gottes im Gebet zu ergründen, als ein Kloster? Am Ostersonntag sprach mich eine Frau, die ich nicht kannte, in der St. Andrew´s Kirche an und sagte: “ Ich bete für dich, und ich liebe dich.“ Nachdem sie mich nach meinem Namen gefragt hatte, riet sie mir, das erste Kapitel von Lukas zu lesen und sprach: „Das wird dir helfen, deine Berufung zu finden.“ Ich bedankte mich höflich und tat, was sie mir geraten hatte. Als ich auf dem Rasen der Kapelle saß und die Herkunft von Johannes dem Täufer las, bemerkte ich mehrere Parallelen zwischen seinem und meinem Leben. Ich will hier nicht in Einzelheiten gehen. Ich will nur sagen, dass es die intimste Erfahrung war, die ich je mit dem Wort Gottes gemacht habe. Es fühlte sich an, als wäre der Text genau in diesem Moment für mich geschrieben worden.

Ich betete weiter und wartete auf der Wiese auf Gottes Führung. Würde er mich anweisen, eine Stelle in Newport Beach anzunehmen oder zurück nach San Pedro zu gehen? Stunden vergingen, während ich geduldig hinhörte. Plötzlich tauchte eine unerwartete Stimme in meinem Kopf auf: „Werde zuerst ein Mönch.“ Das war verblüffend, denn es war überhaupt nicht die Antwort, die ich gesucht hatte. Nach meinem Abschluss in ein Kloster einzutreten, war das Letzte, woran ich dachte. Außerdem hatte ich ein pulsierendes und buntes Leben vor mir. Ich schob die Stimme Gottes hartnäckig beiseite und hielt sie für eine wilde Idee, die aus meinem Unterbewusstsein aufstieg. Ich kehrte zum Gebet zurück und lauschte darauf, dass Gott mir seinen Willen kundtat. Als nächstes kam mir ein Bild in den Sinn: Drei trockene Flussbetten erschienen. Irgendwie wusste ich, dass das eine für meine Heimatstadt San Pedro stand, das andere für Newport, aber das Flussbett in der Mitte bedeutete, dass ich ein Mönch wurde. Gegen meinen Willen begann das Flussbett in der Mitte mit weißem Wasser überzulaufen. Was ich sah, geriet mir völlig außer Kontrolle, ich konnte es einfach nicht nicht sehen. An diesem Punkt bekam ich Angst. Entweder ich wurde verrückt, oder Gott berief mich tatsächlich zu etwas ganz Unerwartetem.

Unbestreitbar

Die Glocke läutete, während mir die Tränen über die Wangen liefen. Es war Zeit für die Vesper. Ich schlurfte zusammen mit den Mönchen in die Kapelle. Als wir die Psalmen sangen, wurde mein Weinen unkontrollierbar. Ich konnte mit dem Gesang nicht mehr Schritt halten. Ich erinnere mich, dass ich mich schämte, wie furchtbar ich ausgesehen haben musste. Als die Mönche einer nach dem anderen hinausgingen, blieb ich in der Kapelle zurück.

Auf dem Boden vor dem Altar liegend, begann ich so heftig zu weinen, wie ich es in meinem ganzen Leben noch nie getan hatte. Da waren weder Trauer noch Zorn, nur Schluchzen. Die einzige Erklärung, die ich für den Rotz und das Wasser finden konnte, war die Berührung durch den Heiligen Geist. Es war unbestreitbar, dass Gott mich zum klösterlichen Leben rief. Ich ging in dieser Nacht mit geschwollenen Augen ins Bett, aber auch im Frieden darüber, dass ich Gottes Weg für mich kannte. Am nächsten Morgen versprach ich Gott, dass ich seinem Ruf folgen würde und zuallererst danach trachten würde, Mönch zu werden.

Ich bin noch nicht fertig?

Obwohl Gott manchmal genau zur rechten Zeit kommt, wie etwa bei Mose auf dem Berg Sinai oder Elias auf dem Berg Karmel, so kommen seine Worte doch häufiger zur Unzeit. Wir können nicht davon ausgehen, dass, wenn wir darauf warten, Gott gezwungen ist, zu uns zu sprechen. Er ist nicht im Geringsten manipulierbar. So bleibt uns nichts anderes übrig, als unseren eintönigen Aufgaben nachzugehen, bis wir ihn fast vergessen haben – doch dann taucht er auf. Der junge Samuel hörte Gottes Stimme genau dann, als er seinen alltäglichen Pflichten nachging, als er nämlich dafür sorgte, dass die Kerze im Tabernakel nicht ausging. Es gibt Berufungen innerhalb von Berufungen und Rufe innerhalb von Rufen. So kann eine Schülerin gerade dann Gott sprechen hören, während sie sich mit ihrer Mathe-Aufgabe beschäftigt. Eine alleinerziehende Mutter empfängt vielleicht gerade dann ein Wort von Gott, wenn sie ruhig im Stau auf der Autobahn sitzt. Es geht darum, immer zu wachen und zu warten, denn wir wissen nicht, wann der Meister erscheinen wird. Das führt zu der Frage: Warum ist ein Wort von Gott so selten und so undeutlich? Gott gibt uns gerade so viel Klarheit, wie wir brauchen, um ihm zu folgen; nicht mehr. Die Mutter Gottes empfing ein Wort ohne große Klarheit. Die Propheten, die ständig Offenbarungen von ihm erhielten, waren oft verwirrt. Johannes der Täufer, der als erster den Messias erkannte, zweifelte später an ihm. Selbst die Jünger, die engsten Verwandten Jesu, waren ständig verwirrt von den Worten unseres Herrn. Diejenigen, die Gott sprechen hören, haben oft mehr Fragen als Antworten. Gott sagte, ich solle ein Mönch werden, aber er sagte nicht, wie und wo. Vieles, was meine eigene Berufung betrifft, überließ er mir selbst. Es sollte vier Jahre dauern, bis ich meiner Berufung gerecht wurde, vier Jahre (in denen ich 18 andere Klöster besuchte), bevor ich in St. Andrew‘s aufgenommen wurde. Verwirrung, Zweifel und neue Fragen sind Teil des langwierigen Prozesses der Entscheidungsfindung. Außerdem spricht Gott nicht in ein Vakuum. Seinen Worten gehen die Worte anderer voraus und folgen ihnen. Ein Jugendpfarrer, ein anglikanischer Priester, ein Oblate von St. Andrew‘s – sie alle waren Gottes Vasallen. Es war wichtig, ihre Worte zu hören, bevor ich Gottes Wort empfangen konnte.

Meine Berufung bleibt unvollständig. Ich entdecke und erkenne sie immer noch jeden Tag neu. Ich bin jetzt seit sechs Jahren Mönch. Erst dieses Jahr habe ich die feierlichen Gelübde abgelegt. Man könnte sagen, ich habe getan, was er mir aufgetragen hat. Wie dem auch sei, Gott ist noch nicht fertig mit reden. Er hat nach dem ersten Tag der Schöpfung nicht aufgehört zu sprechen, und er wird nicht aufhören, bis sein Hauptwerk vollendet ist. Wer weiß, was er sagen wird oder wann er das nächste Mal sprechen wird? Gott hat in der Vergangenheit immer wieder sehr seltsame Dinge zu sagen gehabt. Unsere Aufgabe ist es, zu wachen und zu warten auf was immer er auch auf Lager haben könnte.

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Bruder John Baptist Santa Ana, O.S.B.

Bruder John Baptist Santa Ana, O.S.B. ist Mönch der Abtei St. Andrew's, Valyermo, CA. Zurzeit absolviert er einen MA in Theologie am Dominikanischen Studienhaus in Washington, DC. Zu seinen Interessen gehören Kampfsport, Surfen und Zeichnen.

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