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Nov 26, 2020 855 0 Bischof Robert Barron, USA
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Worte der Weisheit: DAS BUCH EXODUS UND WARUM ES WICHTIG IST, ZUR HEILIGEN MESSE ZURÜCKZUKEHREN

Im Zuge eines wissenschaftlichen Projekts habe ich mich kürzlich mit dem Buch Exodus und zahlreichen Kommentaren dazu auseinandergesetzt. Das zweitberühmteste Buch des Alten Testaments befasst sich in erster Linie mit der Art und Weise, wie Gott sein Volk formt, damit es zu einem strahlenden Leuchtfeuer wird, zu einer befestigten Stadt auf dem Hügel. Nach der biblischen Lesart ist Israel zwar auserwählt, aber nie um seiner selbst willen, sondern für alle Völker der Welt.

Ich würde sagen, dass diese Formation in drei Hauptstadien stattfindet: Erstens lehrt Gott Israel, auf seine Macht zu vertrauen; zweitens gibt er Israel ein moralisches Gesetz; und drittens unterweist er sein Volk im rechten Lobpreis seiner Heiligkeit. Die Lektion des Vertrauens geschieht natürlich durch Gottes großen Akt der Befreiung. Völlig machtlose Sklaven finden Freiheit, nicht indem sie sich auf ihre eigenen Ressourcen verlassen, sondern vielmehr auf das gnädige Eingreifen Gottes. Die moralische Unterweisung erfolgt durch die Zehn Gebote und die dazugehörige Gesetzgebung. Schließlich erfolgt die Ausbildung zur Heiligkeit durch die Unterwerfung unter eine ausgeklügelte Reihe liturgischer und zeremonieller Vorschriften. Es ist dieser letzte Schritt, der uns heute vielleicht am merkwürdigsten erscheint, der aber, wie ich argumentieren möchte, in unserer merkwürdigen COVID-Periode eine besondere Relevanz hat.

Dass Religionserziehung auch moralische Unterweisung beinhaltet, scheint den meisten wohl selbstverständlich zu sein. Und das liegt daran, dass wir – wohl oder übel – Kantianer sind. Im achtzehnten Jahrhundert behauptete der Philosoph Immanuel Kant, dass die gesamte Religion auf die Ethik reduzierbar sei. Worum es bei der Religion schließlich geht, argumentierte Kant, ist, dass sie uns gerechter, liebevoller, gütiger und mitfühlender macht. In der heutigen Sprache klingt der `Kantianismus´ in der Religion so: „Solange man ein guter Mensch ist, ist es egal, was man glaubt oder wie man Gottesdienst feiert.“

Es steht außer Frage, dass das Buch Exodus und die Bibel im Allgemeinen darin übereinstimmen, dass Moral für die richtige Ausbildung des Gottesvolkes wesentlich ist. Diejenigen, die danach streben würden, dem Herrn zu folgen, der Gerechtigkeit und Liebe ist, müssen sich der Gerechtigkeit und Liebe anpassen. Und genau aus diesem Grund finden wir im großen Sinai-Bündnis die Gebote nicht zu stehlen, nicht Ehe zu brechen, nicht zu begehren, nicht zu töten usw. So weit, so Kantianisch.

Aber was die meisten zeitgenössischen Leser des Buches Exodus wahrscheinlich überrascht, ist, dass unmittelbar nach der Auslegung der moralischen Gebote der Autor praktisch den Rest des Textes, die Kapitel 25 bis 40, mit der Beschreibung der liturgischen Vorschriften verbringt, an die sich das Volk zu halten hat. So finden wir zum Beispiel einen längeren Abschnitt über den Bau der Bundeslade:

„Macht eine Lade aus Akazienholz, zweieinhalb Ellen lang, anderthalb Ellen breit und anderthalb Ellen hoch! Überzieh sie innen und außen mit purem Gold und bring daran ringsherum eine Goldleiste an!“ Und als Ornament auf der Spitze der Arche: „Mach zwei Kerubim aus getriebenem Gold … Mach je einen Kerub an dem einen und dem andern Ende … Die Kerubim sollen die Flügel nach oben ausbreiten, mit ihren Flügeln die Deckplatte beschirmen“. Als Nächstes finden wir Anweisungen bezüglich der aufwendigen Einrichtung im Inneren des Tabernakels, darunter ein Lampenständer, ein Tisch für die „Schaubrote“, Säulen und verschiedene Behänge. Schließlich wird der Beschreibung der Gewänder der Priester Israels viel Beachtung geschenkt. Hier ist nur eine Auswahl: „Das sind die Gewänder, die sie anfertigen sollen: Lostasche, Efod, Obergewand, Leibrock aus gewirktem Stoff, Turban und Gürtel. … Sie sollen dazu Gold, violetten und roten Purpur, Karmesin und Byssus verwenden.“

Es wird keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass die moralischen Vorschriften irgendwie wichtiger wären als die liturgischen Vorschriften. Wenn überhaupt, dann scheint das Gegenteil der Fall zu sein, da auf den Exodus unmittelbar das Buch Levitikus folgt, das aus achtundzwanzig Kapiteln über das Ernährungs- und Liturgierecht besteht. Was können wir Post-Kantianer also daraus schließen?

Erstens sollten wir bemerken, dass die biblischen Autoren nicht einen Moment lang denken, dass Gott liturgische Rechtschaffenheit verlangt. Die Korrektheit unseres Gottesdienstes kann weder etwas zu seiner Vollkommenheit hinzufügen, noch muss sie ein psychologisches Bedürfnis Gottes befriedigen. Wenn du in diesem Punkt Zweifel hegst, würde ich dir eine sorgfältige Lektüre des ersten Kapitels des Propheten Jesaja und des fünfzigsten Psalms empfehlen. Gott braucht weder die Arche, noch den Tabernakel oder die Priestergewänder, noch den regelmäßigen Lobpreis, aber wir tun es. Durch die Gesten und Symbole der liturgischen Verehrung wird Israel mit Gott in Einklang gebracht und auf ihn ausgerichtet. Das moralische Gesetz richtet unseren Willen auf die göttliche Güte aus, aber das liturgische Gesetz lenkt unseren Verstand, unser Herz, unsere Emotionen und ja sogar unseren Körper auf die göttliche Majestät hin. Beachte, wie gründlich die zeremoniellen Instruktionen des Exodus Farbe, Klang und Geruch (jede Menge Weihrauch) beschreiben, und wie alles zur Erschaffung von Schönheit zusammenspielt.

Ich erwähnte eingangs, dass die Betonung des Liturgischen und Zeremoniellen in Exodus eine tiefe Bedeutung für unsere Zeit hat, und zwar aus folgendem Grund: Aus vernünftigen Gründen blieben wir eine Zeit lang den öffentlichen Gottesdiensten fern, und selbst jetzt sind unsere Möglichkeiten, gemeinsam Gottesdienst zu feiern, sehr begrenzt. In manchen Gebieten der Welt ist die Sonntagspflicht aufgehoben, wiederum aus triftigen Gründen. Ich befürchte nur, dass viele Katholiken zuhause bleiben werden, wenn der Zeitpunkt für den Messbesuch wieder günstiger wird. Sie haben sich daran gewöhnt, vom Gottesdienst entschuldigt zu sein. Und meine Sorge bezieht sich ganz besonders auf den `Kantianismus´. Wie viele Katholiken werden sich herausreden: „Weißt du, solange ich im Grunde ein guter Mensch bin, was soll dann diese ganze formelle Gottesverehrung?“

Darf ich dir raten, deine Bibel herauszunehmen, das Buch Exodus zu lesen, insbesondere die Kapitel 25 bis 40, und darüber nachzudenken, wie extrem wichtig für Gott der korrekte Lobpreis ist, den ihm sein heiliges Volk darbringt? Die Liturgie hat immer eine Rolle gespielt. Die Messe – mit den rauschenden Gewändern, die rituellen Gesten, Gerüchen und Glocken, Gesang und Schweigen – ist immer noch wichtig, mehr denn je. Reicht es denn nicht, dass du ein guter Mensch bist? Um es geradeheraus zu sagen: Nein.

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Bischof Robert Barron

Bischof Robert Barron Der Artikel erschien ursprünglich bei wordonfire.org. Nachdruck mit Genehmigung

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