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Okt 20, 2020 833 0 Diakon Jim McFadden
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Trau dich, ihn Papa zu nennen

Wusstest du, dass du einen allgegenwärtigen Vater hast?  Lies weiter, wenn du dich nach seiner Liebe sehnst.

Wenn du umkehrst

Vor sechzehn Jahren leitete ich eine Katecheten-Klasse im Folsom Gefängnis, einem Hochsicherheitsgefängnis in Kalifornien, und bereitete einige der Insassen auf die Firmung vor. Ein Häftling namens Juan erzählte seine Geschichte.  Er erzählte, dass sein leiblicher Vater seine Familie verlassen hatte, als er noch ein Kleinkind war, und dass sein Stiefvater distanziert und missbräuchlich war. Umständlich erklärte er, dass seine Verbundenheit mit jeglicher Art von Vater  „verkorkst“ sei.  Das könnte der Grund sein, sagte er, warum er sich zu seinem Glauben aus der Kindheit hingezogen fühlte – er suchte immer noch nach seinem Vater.

Ich sagte: „Juan, Gott IST dein Vater, und Jesus lädt dich ein, ihn ‚Abba‘ zu nennen.“

„Was bedeutet ‚Abba‘?“ fragte er.

„Es bedeutet ‚Papa, Vati‘.  Jesus gibt dir die Erlaubnis, Gott ‚Papa‘ zu nennen“, sagte ich.

Mit Tränen in den Augen rezitierte Juan langsam und ehrfürchtig das Vaterunser. Er betete es mit solcher Kraft und Überzeugung, dass es schien, als würde er es zum ersten Mal beten.

Die Einfachheit des Vaterunsers und unsere eigene Vertrautheit mit dem Gebet lassen leicht vergessen, welch phänomenaler Durchbruch es in der Religionsgeschichte war.  Jesus spricht Gott nicht mit „Richter“, „Allwissender“, „Große Macht im Himmel“ oder einem anderen Titel an, der auf Gottes Transzendenz hinweisen würde.  Stattdessen nennt Jesus Gott „Vater“, was ein Gefühl der Vertrautheit hervorruft und uns daran erinnert, wie sich ein Kind seinem Vater zuwendet, im Vertrauen darauf, dass es von ihm geliebt wird.

Die Leere füllen

Wenn manche ihre Väter als abwesend, urteilend oder hart empfinden, ist es möglich, dass sie diese Eigenschaften auf Gott projizieren.  Wenn sie sich angewöhnt haben, wenig von ihren Vätern zu erwarten, können sie auch wenig oder gar nichts von Gott erwarten. Wenn ihr Vater im Allgemeinen nicht mitteilsam war, können sie das auf Gott projizieren. Aber Jesus lehrte uns, Gott „Abba“ zu rufen, was „mein Vater“ bedeutet und ein Gefühl von Intimität, Wärme, Sicherheit und Liebe erzeugt.

Ein solches Verständnis von Gott als liebender Elternteil findet sich im Propheten Hosea, der diese intime Vater-Kind-Beziehung einfängt, zu der Jesus uns einlädt:

Als Israel jung war, gewann ich ihn lieb,

ich rief meinen Sohn aus Ägypten.

Je mehr ich sie rief,

desto mehr liefen sie von mir weg.

Sie opferten den Baalen

und brachten den Götterbildern Rauchopfer dar.

Ich war es, der Efraim gehen lehrte,

ich nahm ihn auf meine Arme.

Sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie heilen wollte.

Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich,

mit den Ketten der Liebe.

Ich war da für sie wie die,

die den Säugling an ihre Wangen heben. (Hosea 11:1-4)

 

Welch ein zärtliches Bild unseres liebenden Gottes als einer, „der einen Säugling an die Wangen hebt“.

Das ist das Bild, das das Herz eines Gefangenen namens Juan zum Schmelzen brachte und seine Augen mit Tränen füllte.  Viele Menschen gehen auf der Suche nach ihrem Vater durchs Leben. Aber Jesus sagt uns, dass wir einen Vater haben, der uns mehr liebt, als jeder irdische Elternteil es je könnte. Wir müssen einfach vor ihn treten und mit der Einfachheit eines Kindes sagen: „Abba!“

 Himmlischer Vater, ich gebe mich wie ein Kind ganz in deine Hände und vertraue auf deine göttliche Vorsehung. Lass mich jeden Tag jene unsichtbaren Bänder der Liebe spüren, die mich zu dir ziehen. Amen.

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Diakon Jim McFadden

Diakon Jim McFadden ist Pfarrer an der katholischen Kirche Saint John the Baptist in Folsom, Kalifornien. Er ist Theologieprofessor und arbeitet in der Erwachsenenbildung und geistlichen Begleitung.

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