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Jan 26, 2024 859 0 Karl Spiekermann
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Mein neues Leben nach dem Krebs

Die Ärzte hatten Karl Spiekermann längst aufgegeben: Leukämie im Endstadium, sehr aggressiv. Der Krebs fraß ihn buchstäblich auf. Doch dann spendete ein Priester ihm Krankensalbung und Kommunion …

Es war nichts mehr zu machen. Drei Jahre waren nun schon seit meiner Leukämie-Diagnose vergangen. Viele lange Krankenhausaufenthalte lagen seitdem hinter mir. Erst lag ich sieben Wochen in Hamm, später brachte man mich in die Uni-Klinik nach Münster. Dort bekam man zwar meine Lungenentzündung in Griff und führte später noch eine Knochenmarktransplantation und eine schwere Lungen-OP durch, doch dann kamen Rückfälle: erst wieder im Knochenmark, ein Jahr später im Brustbereich. Zuletzt probierte man noch eine neue, starke Chemotherapie. Aber tatsächlich hatten die Ärzte den Glauben an meine Heilung längst aufgegeben. Für den Krebs in meiner Brust gebe es keine Therapie mehr, sagte man mir ganz offen. „Dieser Krebs“, meinte eine Oberärztin, „ist so aggressiv, er frisst Sie auf.“

Im Oktober 2020 war ich wieder zu Hause. Man hatte mich zum Sterben entlassen. Nachts lag ich im Bett, tagsüber auf der Couch, um nicht vom Familienleben abgeschnitten zu sein. Freunde und Familienmitglieder kamen, um sich von mir zu verabschieden. An einem Abend hatte ich zwei Stunden starkes Nasenbluten. Mein ganzes Blut war kaputt, die Gerinnungswerte im Keller. Vielleicht vier Wochen noch, sagte ich mir, und dann war es das!

Als Jesus kam

Ich hatte keine Angst vor dem Tod. Denn schon lange kannte ich Gott, der mir immer wieder gezeigt hatte, dass er mich sieht. Ich vertraute fest auf seine Vorsehung. Das erste Mal, dass ich ihn erlebt hatte, war mit zehn Jahren. Weil es in meiner Familie viel Streit gab und ich in der Schule gemobbt wurde, wurde ich krank. Ich bekam Magengeschwüre und Herzrhythmusstörungen. Abends hatte ich oft Angst einzuschlafen. In dieser Zeit entdeckte ich ein Neues Testament, das bei uns irgendwo unbeachtet im Regal stand. Ich schlug es auf und stieß auf das Matthäus-Evangelium. Als ich die Bergpredigt (Matthäus 5 bis 7) las, weinte ich nur noch. Und ich betete immer wieder: „Komm, Herr Jesus, in meiner Not!“ Und Jesus kam! Ich sah ihn zwar nicht, aber ich hatte den Eindruck, dass er mich in den Arm nahm. Nach den Tränen des Schmerzes schossen mir nun Tränen der Rührung in die Augen. Von diesem Moment an wusste ich: Gott existiert!

Doch schon bald hatte die Begeisterung wieder nachgelassen. Weil die Situation zu Hause sich nicht änderte, rutschte ich immer stärker in Depressionen. Auf der Universität begann ich auch zu trinken und Drogen zu nehmen. Doch wieder kam Jesus! Am helllichten Tag – ich war damals 22 Jahre alt – hörte ich plötzlich eine Stimme: „Karl, warum tust du mir so weh?“ Ich wusste sofort, dass es der Herr war. Ich war erschüttert, fiel sofort auf die Knie und tat Buße. Von diesem Tag an krempelte ich mein Leben um und nahm mir vor, fortan intensiv mit dem Herrn zu gehen. Ich besuchte wieder die Heilige Messe und ging regelmäßig zur Beichte. Auch meine Depression war geheilt. Ich brauchte keine Therapie. Seitdem prägte mich ein unerschütterlicher Lebensoptimismus – und der Glaube, dass Gott in seiner täglichen Vorsehung für mich sorgen wird.

Als ich mit 24 Jahren den Wunsch verspürte, Mönch zu werden, und deshalb ein Benediktiner-Kloster in Luxemburg aufsuchte, lernte ich ausgerechnet dort nach der Abendmesse meine zukünftige Frau kennen. Karen, eine Neuseeländerin, war zwei Jahre lang in Taizé gewesen, hatte dort aber gespürt, dass ihre Berufung die Ehe sein sollte. Also hatte sie immer wieder für einen Mann gebetet, der Gott mehr lieben sollte als alles andere – selbst mehr als sie. Schon am Tag, nachdem wir uns kennengelernt hatten, sagte der Herr zu ihr: „Das ist der Mann, für den du gebetet hast.“
Und der Herr segnete unsere Verbindung – mit sechs inzwischen erwachsenen Kindern und 13 Enkeln. Er gab uns eine Mission der Evangelisation und der Heilung. Viele Jahre lebten wir in verschiedenen Ländern, 14 Jahre allein in Neuseeland. Bei unserer Eheschließung hatten wir Gott und einander das Versprechen gegeben, dass unser Haus immer eine offene Tür für die Armen haben solle. Der Herr nahm diese Zusage sehr ernst. Nachdem wir eigene Kinder hatten, schickte er uns Arme und bis heute vor allem Flüchtlinge, von denen viele bei uns lebten. Wir helfen ihnen bei Behördengängen, Arztbesuchen oder Einkäufen, schenken ihnen vor allem aber Freundschaft. Sie kommen aus Syrien, Eritrea, Somalia, aus dem Iran, Armenien oder Georgien – von überall her. Vor allem die Frauen sind nach Vergewaltigungserfahrungen oft stark traumatisiert. Viele von ihnen nennen uns „Mama“ und „Papa“. Jetzt, wo ich selbst Hilfe benötigte, gaben gerade diese Menschen mir in meiner schweren Krankheit unendlich viel zurück. Sie beteten, weinten und fasteten für mich.

„Sie werden leben“

Dann, an einem Tag in jenem Oktober, klingelte es. Ein koptischer Flüchtlingspriester, ein heiliger Mann, stand vor der Tür. Wir kannten ihn, weil wir schon oft ägyptische Flüchtlinge im Haus hatten. Er kam unangemeldet. Er hatte für mich gebetet und sagte: „Herr Spiekermann, Sie werden leben.“ Dann spendete er mir die Krankensalbung

und gab meiner Frau und mir die Heilige Kommunion. Mein Sohn Dominic der dabei war, befürchtete sofort, dass ich diese gar nicht mehr schlucken könne. Doch es ging – und im gleichen Moment war ich geheilt! Das war mir sofort klar. Ich spürte, wie der Körper aufhörte, Krebsflüssigkeiten zu produzieren. Die Entzündungen verschwanden. Der Spenderanteil, der seit meiner Knochenmarktransplantation bereits wieder auf 20 Prozent abgefallen war, war erneut auf 100 Prozent. Ein paar Tage später hatte ich ein PET-CT, und das Ergebnis verblüffte uns alle: Keine Krebszelle war übrig!

Selbst die Ärzte sprachen von einem Wunder. Eine Ärztin der Uni-Klinik Münster, der ich meine Krankheitsgeschichte erzählte, brach in Tränen aus und weinte minutenlang. Später schrieb sie mir eine E-Mail, in der sie mir sagte, dass mein Fall ihr Leben verändert habe.

Heilungsdienst

Heute bin ich wieder vollständig gesund. Schon drei Monate nach meiner Heilung konnte ich wieder holzhacken. Immer wieder kamen nun Menschen zu mir, die mich um Heilungsgebet baten. Am Anfang war es eine Eritreerin, die auf mein Gebet hin von ihren ständigen Kopfschmerzen geheilt worden war. Eine Muslimin, deren Stiefvater gerade an der Deltavariante von Corona gestorben war, wandte sich an mich, weil nun auch ihre Mutter in Ägypten auf der Intensivstation lag; ich betete durch sie für ihre Mutter – und sie wurde im gleichen Moment gesund.

Eine Frau mit fortgeschrittener Osteoporose, die starke Schmerzen hatte, kam in die Kirche, wo wir eucharistische Anbetung hielten. Nach meinem Gebet verschwanden ihre Schmerzen innerhalb weniger Tage. Als ich sie ein paar Monate später in der Stadt traf, erkannte ich sie kaum wieder. Sie sagte mir: „Ich bin geheilt. Und ich mache zwei Dinge, die du mir gesagt hast: Ich bete mehr, und ich klage nicht mehr.“ Denn das hatte ich auch durch meine Krankheit gelernt: nie zu klagen! So irrsinnig meine Schmerzen zum Teil auch waren, ich versuchte sie anzunehmen und aufzuopfern für die Menschen. Als es mir 2019 nach meiner Lungen-OP kurzzeitig wieder besser ging, betete ich gleich: „Herr, du kannst mir alles schicken, wenn es hilft, Seelen zu gewinnen.“

Bald nach meiner Heilung bat mich der Priester, der mir die Krankensalbung gespendet hatte, ihm zu helfen, ein geeignetes Gebäude für ein Kloster zu finden. Wir fanden es, nachdem ich für eine Lehrerin mit einer nicht-diagnostizierten langwierigen Krankheit gebetet hatte, die danach gesund geworden war. Ihr Mann hatte früher ein Altenheim geleitet, das inzwischen geschlossen war; das Gebäude bot er uns nun für das Kloster an. Die Dinge, die Gott tut, sind immer miteinander verbunden!

Wenn ich bete, berufe ich mich stets auf sein Wort. Deshalb erwarte ich Heilungen und Wunder. Jesus ist derselbe gestern, heute und in alle Ewigkeit (Hebräer 13:8). Er hat Blinde, Lahme und Aussätzige geheilt und Tote auferweckt – und er tut das Gleiche auch heute noch! Wenn Menschen nicht auf Worte hören, dann tut der Herr Zeichen und Wunder. In unserer heutigen Zeit brauchen wir sie nötiger denn je.

Eine große Hilfe sind mir beim Gebet um Heilung auch die Heiligen. Ich wende mich nicht nur an die Muttergottes, an Pater Pio oder den Pfarrer von Ars, sondern auch an Heilige der Ostkirche wie Seraphim von Sarow. Die Heiligen sind immer gegenwärtig und bilden um uns jene „Wolke von Zeugen“ (Hebräer 12:1), die bei Gott für uns Fürsprache halten. Wie der Heilige Johannes von Kronstadt sagt: „Christus und die Heiligen sind uns so nah wie die Ikone vor uns.“

Nicht halbgebacken

Ich weiß nicht, wie lange ich noch lebe. Aber die Zeit, die ich noch habe, will ich so gut wie möglich ausnutzen. Immer wieder habe ich dem Herrn gesagt: „Ich will kein halbgebackenes Brot sein, ich will heilig werden!“ Der Herr nimmt solche Gebete ernst.

Heute glaube ich, dass der Herr meine Krankheit benutzte, um mein Herz zu brechen. Denn ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wird Gott niemals verschmähen (Psalm 51:20). Im Zerbruch unseres Herzens begegnen wir Gott. Und dann kommt die barmherzige Liebe des Herrn, die dieses Herz umarmt. Im Angesicht des Todes sieht man die Dinge der Welt mit ganz anderen Augen: Dann siehst du dein eigenes Elend und deine eigene Sündhaftigkeit vor der Herrlichkeit Gottes – und du weißt: Ich bin seiner nicht wert! Im Krankenhaus hatte ich das Gnadenbild vom Barmherzigen Jesus der Heiligen Schwester Faustina dabei. Jesus schaut darauf dem Betrachter tief in die Augen. Ich sagte ihm: „Ich kann dir nicht in die Augen schauen. Wenn ich zu dir komme, dann lass mich in die hinterste Ecke, und wenn ich nur deine Füße sehe!“

Was ich heute am tiefsten bereue in meinem Leben, ist meine Jugend ohne Gott. Die Zeit hingegen, als ich zum Sterben nach Hause geschickt worden war, als ich kaum noch essen und laufen konnte und irrsinnige Schmerzen hatte, gehört für mich zu den kostbarsten Erinnerungen meines Lebens. Christus war mir damals so nahe. Auf diese Zeit der Krankheit blicke ich heute mit großer Zärtlichkeit zurück. Und dann frage ich ihn: „Herr, wie kannst du mich Sünder nur so lieben?“

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Karl Spiekermann

Karl Spiekermann ist 66 Jahre alt. Der studierte Agraringenieur und Theologe ist seit 42 Jahren verheiratet und hat sechs erwachsene Kinder und 13 Enkelkinder. An seinem Wohnort Warstein engagiert sich das Ehepaar für Flüchtlinge und im christlichen Heilungsdienst.

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