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Nov 04, 2024 72 0 Jon Blanco
Begegnung

Gnade hinter Gittern

Ich sagte zu meinem besten Freund: „Die Kirche könnte jemanden wie dich in dieser kaputten Welt wirklich gebrauchen…“ Irgendwo hat das einen tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen.

Mein bester Freund und ich lernten uns vor drei Jahren kennen. Wir kamen uns nicht gleich sehr nahe, weil Dave erst einmal eine ganze Weile brauchte, um mit Menschen warm zu werden, und vor allem, weil die Menschen hier im Gefängnis viel zurückhaltender sind als die draußen. Im Laufe der Zeit hat sich das jedoch geändert, und Dave ist inzwischen mein engster Verbündeter geworden.

Kurz nachdem ich Dave kennengelernt hatte, wurde ihm klar, dass es mir mit meinem katholischen Glauben sehr ernst war. Ich hatte ein Kruzifix und Bilder von Heiligen an der Wand meiner Zelle hängen. Ich sah mir die Messe im Fernsehen an und nahm daran teil, und, um ehrlich zu sein, brachte ich das Thema ziemlich häufig zur Sprache. Zuerst kommentierte Dave das nicht weiter und zeigte auch kein großes Interesse an meinem Glauben; er nickte nur höflich mit dem Kopf und ging weiter. Aber irgendetwas sagte mir, dass mich das nicht davon abhalten sollte, alles über meinen Glauben zu erzählen und von den Wundern und dem Frieden, die ich direkt durch mein Katholischsein erfahren hatte.

Rückkehr zu den Wurzeln

Im Laufe der Zeit kam ich Dave näher und er begann, sich ein wenig mehr über seinen Glauben zu öffnen. Er erzählte mir, dass er Christ sei, aber seit Jahren nicht mehr am Gottesdienst teilgenommen habe, unter anderem, weil er so lange in einer Zelle eingesperrt gewesen sei und sich auf dem Gefängnisgelände nicht bewegen konnte. Als ich tiefer bohrte, fand ich zu meinem Erstaunen heraus, dass Dave tatsächlich katholisch erzogen worden war. Und nicht nur das: Er hatte alle drei Initiationsriten (Taufe, Erstkommunion und Firmung) erhalten! Ich begann sofort, ihm eine Frage nach der anderen zu stellen, und erfuhr so viel mehr über ihn und seinen Glaubensweg.

Unter den vielen Dingen, die ich herausfand, stach eines besonders hervor. Bis zum heutigen Tag ist Dave von den katholischen Rittern der Vergangenheit fasziniert. Deshalb war die schönste Kirche, die er je besucht hatte, eine katholische Kirche, die eine runde Form hatte und an die Kirche der Tempelritter erinnerte. An dieser Faszination konnte ich spüren, dass er noch ein gewisses – wenn auch nur kleines – Interesse an der Kirche hatte.

Das Gespräch mit Dave über eine mögliche Rückkehr zu seinen Wurzeln war jedoch nicht so vielversprechend. Um es klar zu sagen: Er war nie unhöflich oder aggressiv, aber er schien kein Verlangen nach den Sakramenten zu haben. Er hatte sich mit seinen Gewohnheiten abgefunden, und dazu gehörte nun mal nicht der Katholizismus, und leider hatte auch die Kirche ihn so gut wie vergessen.

Ein Hoffnungsschimmer

Im Laufe der Monate stellte Dave immer wieder kleine Fragen über die Kirche – nichts Besonderes, aber er zeigte mit der Zeit etwas mehr Interesse. Natürlich wollte ich nicht, dass er sich unter Druck gesetzt fühlte, also setzte ich geduldig und unter Gebet meine Mission fort, ihn wieder zur Kirche zu bringen. Ich spürte, dass es einen Hoffnungsschimmer gab, und manchmal sagte ich zu ihm: „Weißt du, Dave, die Kirche könnte jemanden wie dich in dieser kaputten Welt wirklich gebrauchen.“ Er antwortete mir nie, sondern dachte nur im Stillen über meine Worte nach, aber Daves Schweigen war vielsagend.

Vor ein paar Wochen kam eine Gruppe katholischer Diakone zu uns in die Zellen. Sie brachten die Kommunion für Katholiken und Literatur für alle mit, gingen von Zelle zu Zelle und fragten, ob die Leute mit ihnen beten wollten. Einige Zeit, nachdem sie gegangen waren, kam Dave in meine Zelle und erzählte mir, wie einer der Männer ihn überrascht hatte, weil sie über eine bestimmte runde Kirche sprachen, in der der Mann Gemeindemitglied war. Es war dieselbe, zu der Dave als Kind gegangen war. Er sagte, der Mann habe ihm gesagt, er hoffe, ihn eines Tages dort zu sehen. Das nächste, was Dave mir erzählte, überraschte mich sehr: „Weißt du, ich habe darüber nachgedacht, und ich würde vielleicht gerne zur katholischen Kirche zurückkehren.“

Ich war verblüfft. Ich hatte buchstäblich drei Jahre lang auf diese Art von Interesse gewartet, und ich wusste, dass es möglicherweise nie kommen würde. Ich hatte immer wieder dafür gebetet. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Nach längerem Schweigen fragte ich ihn: „Würdest du gerne wieder die Kommunion empfangen?“ Er bejahte.

Die offene Tür

Mit 15 Jahren war Dave nach Erwachsenenstrafrecht angeklagt und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Heute ist er 48 Jahre alt. Als er als Kind ins Gefängnis kam, versuchte er, sich in die Welt der erwachsenen Kriminellen einzufügen. In seiner Geschichte gab es viel Gewalt und Blutvergießen. Die meisten Menschen, die diesen Weg gehen, sind am Ende so abgestumpft, dass es scheint, dass nichts sie je wieder zurückbringen könne. Aber jetzt war Dave – Gott sei Dank – interessiert.

Vor kurzem empfing Dave zum ersten Mal nach 33 Jahren wieder die Kommunion. Er hatte im Gefängnis noch nie die Kommunion empfangen, obwohl sie immer verfügbar gewesen war. Er war im System schlicht vergessen worden.

Da es nicht möglich war, das Sakrament der Versöhnung zu empfangen, ging er nicht zuerst zur Beichte, durfte aber unter diesen besonderen Umständen die Kommunion empfangen. Er befindet sich in einem Hochsicherheitstrakt und hat die höchste Sicherheitsstufe, so dass es schwierig ist, einem Priester einen persönlichen Besuch zu gestatten. Er hat also eine gründliche Gewissensprüfung und einen Akt der Reue vorgenommen und wird bei nächster Gelegenheit beichten.

Überall auf der Welt gibt es unzählige vergessene Menschen. Es gibt Männer, Frauen und sogar Kinder in ihrer eigenen Gemeinde, die jemanden brauchen, der einfach nur ein Freund ist und ihre Liebe und den Glauben, den uns Christus in seiner Kirche gegeben hat, teilen. Lasst uns die gute Nachricht weiter verbreiten!

Wenn Sie sich von der Kirche und ihren lebensspendenden Sakramenten entfernt haben, gibt es eine offene Einladung zur Heilung, die mit dem Sakrament der Versöhnung beginnt. Der erste Schritt zurück in die Gemeinschaft mit Gott und seiner Kirche ist das Bekenntnis unserer Sünden. Aber denken Sie daran, dass wir zwar Gott unsere Sünden bekennen, aber mehr noch, dass Gott diese Zeit nutzt, um uns auf eine ganz besondere Weise seine Vergebung und Liebe zu bekennen. Nichts ist zu groß, um vergeben zu werden, und nichts ist zu groß, um der Heilung durch Gott im Wege zu stehen; die Tür steht immer offen für seine Vergebung und Barmherzigkeit.

Setzen Sie sich mit einer Kirche oder dem Pfarrer Ihrer Gemeinde in Verbindung und fragen Sie nach dem nächsten Beichttermin. Seien Sie ein bisschen früher da, falls andere auch warten. Sie werden froh sein, dass Sie diesen Schritt getan haben, und die Engel und Heiligen im Himmel werden sich über Ihre Heimkehr freuen.

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Jon Blanco

Jon Blanco ist Insasse des Louisiana Department of Corrections. Nachdem er vierzehn Jahre lang als Friseur gearbeitet hat, ist er nun hinter Gittern als professioneller Künstler und Autor tätig. Sein Debütroman „Fleece as White as Snow“ (Ein Vlies so weiß wie Schnee) wird voraussichtlich Ende 2024 erscheinen.

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