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Jan 16, 2020 833 0 Padre Jilto George CMI
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Schuld und Scham können zu einer Veränderung hin zum Guten führen

Frage: Ich habe sehr mit Schuldgefühlen und Scham zu kämpfen. Was kann ich dagegen tun?

Antwort: Zuerst einmal muss ich dich loben, weil du erkennst, wie du dich fühlst und weil du etwas tun willst, um Frieden zu finden. Es gibt Zeiten, wo uns das Durchleben von Scham wirklich entkräften kann, aber Schuld und Scham können auch sehr gute Dinge sein.

Kürzlich hat Papst Franziskus darauf Bezug genommen und aufgezeigt, wie das Erleben von Scham eine grundlegende Wahrheit über unser Mensch-Sein enthüllen kann. Er nannte es sogar „die Tugend der Scham“. Er sagte „Scham ist eine echte christliche Tugend, und sogar menschlich… die Fähigkeit, Scham zu empfinden… In unserem Land werden jene, die sich nie schämen „sin verguenza“ genannt, was so viel wie „schamlos“ bedeutet. Denn es gibt Menschen, die nicht die Fähigkeit besitzen, sich zu schämen, und Scham ist eine Tugend der Demütigen.“

An dieser Stelle höre ich förmlich die Witze über Katholiken und Schuld. Es fällt mir kein Film oder TV-Show ein, die Katholiken porträtiert, wo nicht irgendwie das Konzept einer „katholischen Schuld“ in die Handlung eingebracht wird. Meine Mutter sagt immer, „Was an Schuld soll bitte „katholisch“ sein? Es ist einfach nur „Schuld“!“ Ich habe etwas falsch gemacht, ich sollte mich schuldig fühlen – oder etwa nicht? Wie würdest du jemanden bezeichnen, der etwas Schlechtes tut und weder Schuld noch Scham dabei empfindet? Wir würden so ein Benehmen als „Verhaltensstörung“ bezeichnen und den entsprechenden Menschen einen „Soziopathen“ nennen.

Notwendiger Indikator

Wenn wir Schuld empfinden, nachdem wir etwas Schlechtes getan haben, dann bedeutet das, dass etwas in die richtige Richtung geht und nicht, dass etwas schiefgelaufen ist. In diesem Sinn ist Schuld so etwas Ähnliches wie der Schmerz nach dem Griff auf die heiße Herdplatte: sie zeigt an, dass ich mein momentanes Verhalten ändern sollte. Aber – und das ist wichtig – es ist nicht der Schmerz, der mir brennt, sondern es ist die heiße Herdplatte. Es ist nicht die Schuld, die mich verletzt, sondern es ist die Sünde.

Der Wunsch, dass wir vermeiden möchten, uns schlecht zu fühlen, nachdem wir Schlechtes getan haben, ist eine normale Sache; aber er ist keine gute Sache. Du bist nicht für das Elend geschaffen. Christus kam, damit wir das Leben in Fülle haben. Er schenkt größere Freude als wir sonst irgendwo finden könnten.

Was tun wir mit Scham- und Schuldgefühlen? Wie gehen wir auf die Freude zu? Ich denke, es ist wichtig, die Begriffe „Schuld“ und „Scham“ zu unterscheiden. Sie sind sich ähnlich, aber sie sind nicht Dasselbe. Deswegen ist es auch nicht gleich, wie wir ihnen entgegentreten.

Ich habe mir ein Interview mit zwei Ratgebern angehört und sie gaben die nachstehenden Definitionen, um besser den Unterschied zwischen Schuld und Scham verstehen zu können.

Sie sagten, dass Schuld das Bewusstsein ist, dass man eine allgemein gültige Regel gebrochen hat. Zum Beispiel, ich weiß, dass es falsch ist, zu lügen, aber trotzdem gehe ich dann in eine Situation hinein, wo ich lüge. Ich fühle mich deswegen schuldig, denn mir ist bewusst, dass ich die Standards der Aufrichtigkeit gebrochen habe.

Nun gibt es so etwas wie „wahre Schuld“ und „falsche Schuld“. Falsche Schuld liegt vor, wenn ich mich an falsche Standards halte. Während es das Gebot einzuhalten gilt, dass man eine Person des Gebetes sein soll, gibt es dennoch Menschen, die sich schuldig fühlen, weil sie das Gebet nicht „genießen“ – aber ein Gebet zu genießen, ist kein echter Standard.

Es gibt viele Arten, wie wir normalerweise auf Schuld reagieren. Vielleicht widersprechen wir innerlich einem Gebot und streiten ab, dass eine Sache wirklich übel ist. Wir können uns ablenken, um unsere Sünde nicht sehen zu müssen, oder wir können unseren Fehler zugeben und unsere Sünde bekennen. Wir können bereuen.

Etwas zu verbergen

Scham ist mehr relational. Scham ist das Bewusstsein, dass ich in den Augen eines Anderen versagt habe. Dieser „Andere“ kann ein Mensch sein, Gott oder sogar ich selbst. Deswegen sind die primären Antworten auf die Schuldfrage entweder Selbst-Rechtfertigung oder Sich-Verbergen. Wir werden entweder fordern, dass der Andere schweigend über unsere Tat hinwegsieht oder dass er uns nicht zuschaut; wir wollen nicht wirklich „gesehen werden“ von dem, der unsere Fehler kennt.

Mit Scham ist es genauso wie mit Schuld: es gibt wahre Scham und „toxische Scham“. Scham ist toxisch, wenn sie nicht wirklich die Realität wiederspiegelt. Scham ist zum Beispiel toxisch, wenn ich glaube, dass Gott mich nur als ein Ärgernis (oder Schlimmeres) sieht.

Ich sprach kürzlich mit einer Frau, die sich aufgrund einer bestimmten Wunde, mit der sie zu kämpfen hatte, selbst als „Freak“ (= Missgeburt, Abnormale, Sonderling) bezeichnete. Sie findet es schwierig, sich dem Gott, der sie liebt, mit Freude zu nähern. Ihre Scham hat nichts mit der Realität zu tun. Eine reale Sünde hat ihren Blick auf sich selbst so sehr vernebelt, dass sie nun glaubt, ihre Sünde zu sein.

Was ist die beste Antwort auf Scham? Wenn Scham mich dazu veranlasst, mich zu rechtfertigen oder zu verstecken, dann ist die beste Antwort darauf, die Demut zu wählen und in das Licht des Angesichtes Gottes zu kommen. Dies bedeutet, beichten zu gehen. Papst Franziskus formuliert es so: Beichte „ist eine Begegnung mit Jesus… der darauf wartet, uns so zu begegnen, wie wir sind… deswegen müssen wir Vertrauen haben, denn wenn wir sündigen, haben wir einen Anwalt beim Vater, „Jesus Christus, der Gerechte“… der für uns eintritt beim Vater und uns in unseren Schwächen verteidigt. Aber du musst vor dem Herrn stehen mit „der Wahrheit eines Sünders“, mit Zuversicht, ja sogar mit Freude.“

Es ist möglich, aus der Herrschaft von Schuld und Scham herauszutreten, aber dies beinhaltet immer, die Wahrheit über unsere Schuld zu bekennen und in das Licht der Liebe Gottes zu treten.

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Padre Jilto George CMI

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