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Okt 20, 2020 755 0 Sean Booth, UK
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Kuss der Liebe

Heilt und wirkt Jesus auch heute noch Wunder?

Ein intensiver Ruf

Ich erinnere mich, dass ich als achtjähriges Kind mit meiner Mutter zusammen saß und im Fernsehen einen Spendenaufruf für die armen und hungernden Kinder Afrikas sah. Ich fühlte in mir einen Schmerz und eine magnetische Anziehungskraft zu diesen Kindern, als ein gleichaltriger Junge weinend gezeigt wurde. Seine Augen blickten mich eindringlich an, während eine Fliege auf seiner Lippe landete, und er es nicht einmal bemerkte. Liebe und Traurigkeit durchströmten mich gleichermaßen.

Hier sah ich Menschen, die an Nahrungsmangel starben, während ich bequem nur wenige Meter von einem vollen Kühlschrank entfernt saß. Ich konnte mir diese Ungerechtigkeit nicht erklären und fragte mich, was ich tun könnte. Als ich meine Mutter fragte, wie ich helfen könne, sagte sie, wir könnten Geld schicken, aber ich fühlte mich gezwungen, persönlich und direkt etwas zu tun. Dieses Gefühl hallte zu verschiedenen Zeiten meines Lebens in meinem Herzen wider, aber ich wusste nie wirklich, was es bedeuten könnte, etwas direkter und persönlicher zu tun. Ich wuchs in dem Glauben auf, dass ich eine Berufung in meinem Leben hatte, dass ich existierte, um Veränderungen herbeizuführen, und dass ich geboren wurde, um andere zu lieben, ihnen zu dienen und ihnen zu helfen. Aber das Leben schien mir immer im Weg zu stehen, wenn ich nach diesen Überzeugungen handeln wollte.

Tagebuch des Lebens

Im Jahr 2013 verbrachte ich Zeit in einem englischen Gefängnis. Dort begegnete ich dem auferstandenen Herrn und machte eine Erfahrung, die mein Leben grundlegend veränderte. Aus Platzgründen kann ich hier nicht näher darauf eingehen. (Siehe meine Biographie am Ende des Artikels; Klick auf den Link zur Shalom World TV-Sendung „Jesus, mein Erlöser“, in der ich diesen Teil meiner Geschichte erzähle). Nach dieser Begegnung übergab ich Jesus mein Leben und befinde mich seither auf einer unglaublichen Reise.

Als ich 2015 einen amerikanischen Ordensbruder traf, der in Kalkutta, Indien, mit den Armen arbeitete, erkannte ich endlich meine Chance, den Armen zu dienen. Ein paar Monate später saß ich in einem Flugzeug auf dem Weg nach Indien, um als Ehrenamtlicher bei den Missionarinnen der Nächstenliebe von Mutter Teresa mitzuarbeiten.

Sobald ich gelandet war, blickte ich in den Nachthimmel und spürte Gottes Gegenwart. Im Taxi dachte ich sofort: „Ich bin zu Hause,“ obwohl ich an diesem Ort noch nie gewesen war. Als ich meine Freiwilligenarbeit begann, verstand ich, warum ich mich hier zu Hause fühlte: Zuhause ist dort, wo das Herz ist.

Ich begegnete Jesus unzählige Male in den armen und wunderbaren Menschen Indiens. Mutter Teresa sagte, dass sich das Evangelium an fünf Fingern abzählen lässt: „Das… habt… ihr… mir… getan.“ (Mt 25,40) In den Armen erkannte ich immer wieder die Augen Jesu. Von dem Moment, als ich morgens aufwachte und betete, bis zu dem Moment, als ich meinen Kopf nachts auf das Kissen legte, erfuhr ich Liebe. Jeden Abend vor dem Schlafengehen saß ich auf der Dachterrasse und schrieb bis in die frühen Morgenstunden Tagebuch. Die Leute wunderten sich, warum ich durchhielt und nicht zusammenbrach. Es gibt nur eine Erklärung – das Feuer in meinem Herzen, das der Heilige Geist ist.

Fenster zur Seele

Man sagt, die Augen seien das Fenster zur Seele. Ich verbinde mich oft über die Augen mit den Menschen. Auf diese Weise verband ich mich mit einem behinderten jungen Mann, den ich pflegte und der mich jeden Tag einlud, mit ihm Karten zu spielen. Da er sowohl stumm war, als auch seine Arme und Beine nicht vollständig bewegen konnte, zeigte er mir, welche Karten ich drehen sollte. Im Laufe der Tage kommunizierten wir mehr und mehr, auch wenn keine Worte aus seinem Mund kamen. Wir kommunizierten durch die Augen in der universellen Sprache der Liebe.

Eines Tages bat er mich, ihn ins Haus zu bringen, und er führte mich zu einem vom Boden bis zur Decke reichenden Bild des Barmherzigen Jesus. Ich fragte ihn, ob er Jesus liebte, und er lächelte und nickte. Wir gingen in die Kapelle, und als ich ihn in die Nähe des Tabernakels rollte, stürzte er sich mit dem Gesicht nach unten aus dem Rollstuhl. In dem Glauben, er sei gefallen, eilte ich ihm zu Hilfe, aber er stieß mich weg und vollzog einen der schönsten Akte der Anbetung, die ich je erlebt habe. Mit all seiner Kraft hievte er sich auf die Knie. Ich kniete mit Tränen in den Augen neben ihm nieder. Als ich das Vaterunser, Ave Maria und Ehre sei dem Vater mit ihm betete, machte er Geräusche, die in Rhythmus und Ton perfekt zu meinen Worten passten. Von Geburt an hatte dieser Mann ein Leben voller Leid, Ablehnung und Isolation erfahren. Sein Körper war verkrüppelt, und doch kniete er nieder, betete und dankte Gott. Es strahlte dabei ein Licht von ihm aus, und er lehrte mich, wie man beten sollte.

Ein andermal zeigte er mir all seine irdischen Besitztümer. Er öffnete einen kleinen Schuhkarton, der Fotos enthielt, die er mir unbedingt zeigen wollte. Die Fotos waren von ihm, als die Missionare der Nächstenliebe ihn zum ersten Mal fanden und in ihr Haus brachten. Eines war von seiner Taufe, eines von seiner Erstkommunion und ein weiteres von seiner Konfirmation. Er liebte es, die Fotos herzuzeigen, und ich liebte es, sie anzuschauen und zu sehen, welche Freude es ihm bereitete.

Kostbarer als Gold

Für mich kam die Zeit der Rückkehr nach Hause. Der Abschied von meinem neuen Freund fiel mir schwer und rührte mich zu Tränen. Wir standen neben seinem Bett, und er zeigte auf sein Kissen. Ich verstand es nicht, aber ein anderer Bewohner, ein Kind mit Down-Syndrom, hob das Kissen hoch und brachte einen Rosenkranz zum Vorschein. Mein Freund ergriff den Rosenkranz so gut er konnte mit seiner verkrüppelten Hand und kam auf mich zu, um ihn mir zu geben. Da ich wusste, wie wenig er besaß, wollte ich ihn nicht annehmen. Doch er zog die Augenbrauen hoch und bestand darauf. Widerwillig streckte ich meine Hand aus, und er ließ ihn mir in die Handfläche fallen. Sobald der Rosenkranz mich berührte, fühlte ich, wie Liebe meinen Körper durchflutete. Der Rosenkranz bestand aus Schnur und Plastik, aber er war wertvoller als Gold oder Edelsteine. Ich küsste meinen Freund und den Rosenkranz und ging völlig verdattert weg, da Gott mich so sehr durch die Schönheit und Liebe dieses erstaunlichen Menschen gesegnet hatte. Wie die Witwe im Evangelium hatte er aus seiner extremen Armut heraus gegeben.

Am 4. September 2016 wurde Mutter Teresa zur Heiligen erklärt. Ich hatte das Privileg, bei der Heiligsprechung auf dem Petersplatz dabei zu sein. Am frühen Morgen danach (5. September, ihrem Festtag) beschloss ich, vor meinem Heimflug die Lateranbasilika St. Johannes zu besuchen, um Gott für meine Erlebnisse und für Mutter Teresa zu danken. Früh am Morgen betrat ich die Kirche und fand sie leer bis auf zwei Nonnen, die vorne neben einer erstklassigen Reliquie von Mutter Teresa standen. Ich fragte, ob ich meinen neuen Rosenkranz an der Reliquie berühren dürfe, während ich betete. Ich erklärte, wer ihn mir geschenkt hatte, und dankte ihnen für ihr Einverständnis.  Als sie mir den Rosenkranz zurückgab, küsste ich ihn, und sie gab mir noch eine heilige Karte von Mutter Teresa, auf deren Rückseite stand: „Alles für Jesus durch Maria.“ Dieser Satz explodierte in meinem Herzen. Ich hatte Jesus gebeten, mir zu zeigen, was ihm am wohlgefälligsten war, und diese Karte war die Antwort auf mein Gebet. Als ich in Dankbarkeit betete, spürte ich ein Klopfen auf meiner Schulter. Eine Dame mit einer Gesichtsmaske schaute mir direkt in die Augen. „Wofür auch immer du betest,“ sagte sie, „fürchte dich nicht. Gott ist mit dir.“ Ich stand sofort auf, und mit einer Liebe, die aus meinem Innersten hervorbrach, küsste ich die Frau.

Die Frau sagte, sie habe Krebs. „Aber das Verrückte ist,“ sagte sie, „ich kann mich nicht selbst heilen.“ „Das ist wahr,“ sagte ich, „du kannst dich nicht selbst heilen, aber Gott kann es, und damit das geschehen kann, musst du Glauben haben.“

Sie antwortete, dass sie einen kleinen Glauben habe. Ich sagte ihr, das sei in Ordnung, denn Jesus sagt uns, dass wir nur „Glauben von der Größe eines Senfkorns“ brauchen, um Berge zu versetzen. (Mk 11,22-25) „Wenn wir Berge versetzen können,“ sagte ich, „dann können wir mit Sicherheit auch Krebs versetzen.“ Ich bat sie, mit mir zu wiederholen: „Glaube, um zu empfangen.“ (Mk 11,24) Sie wiederholte es, und als wir gingen, gab ich ihr einen Rosenkranz, den ich aus Medjugorje bekommen hatte, und wir tauschten Telefonnummern aus. In den kommenden Wochen ermutigte ich sie durch E-Mails und Nachrichten, Jesus zu vertrauen und weiterhin ihre Heilung einzufordern.

 Unbeschreibliche Kraft

Einige Wochen vergingen. Eines Nachmittags schrieb sie mir eine SMS, gerade als ich die Kirche betrat, um zu beten. Sie war auf dem Weg ins Krankenhaus zu einer Untersuchung und bat um Gebet. Ihre letzte Untersuchung ergab, dass sich der Krebs ausgebreitet hatte. Als ich an diesem Tag in der Kirche betete, spürte ich, wie die Sonne durch das Buntglasfenster auf mich schien. Später schrieb sie mir erneut eine SMS und sagte, die Ärzte könnten es nicht erklären!

Es ging ihr nicht nur besser, sondern der Krebs war völlig verschwunden. Später erinnerte ich mich an jenen Moment, als sie mir in Rom auf die Schulter klopfte, als ich diesen starken Drang verspürte, sie zu küssen. Kurz vor diesem Kuss hatte ich die Rosenkranzperlen geküsst, die gerade die Reliquie von Mutter Teresa berührt hatten. Als ich ihr das erklärte, war sie fassungslos und erzählte mir, wie Mutter Teresa sie gebeten hatte, sich ihrer Gemeinschaft anzuschließen, als sie sich Jahre zuvor getroffen hatten. Aber sie hatte Angst gehabt, diesem Ruf zu folgen und heiratete schließlich stattdessen.  Aber jetzt, durch diese dramatische Heilung, wurde sie unerwartet – durch mich, die Schwestern in der Basilika von Rom, der heiligen Reliquie – wieder mit der heiligen Frau verbunden, die sie viele Jahre zuvor kennen gelernt hatte.

Immer und immer wieder haben mir die Ereignisse in meinem Leben gezeigt, dass Gott Gebete erhört, dass Jesus immer noch heilt und dass immer noch Wunder geschehen. Die Fürsprache der Heiligen und die Kraft des Rosenkranzes können uns helfen. Und das ist genug, um Berge zu versetzen.

Lieber Jesus, ich liebe dich über alles in dieser Welt. Hilf mir, dich in den Menschen um mich herum zu sehen, besonders in meiner Familie, und die Freude, dich zu lieben, zu teilen. Ich möchte dich jeden Tag inniger lieben. Amen.

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Sean Booth

Sean Booth ist Mitglied der Lay Missionaries of Charity aus Manchester, England, und studiert derzeit am Maryvale - Institut in Birmingham, England, den Bachelor of Divinity.

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