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Jul 28, 2021 754 0 Rosanne Pappas, USA
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Ein Tag am Strand

Schockiert starrte ich den Fremden an. Wo war er plötzlich hergekommen?

Es war ein herrlicher Strandtag, nicht eine Wolke am Himmel. Ich lehnte mich im Liegestuhl zurück und vergrub meine Füße tief im Sand, wackelte mit meinen Zehen und hoffte, einen Hauch kühlen Sand zu erwischen. Es war ein brennend heißer Juli-Tag an der Westküste Floridas.

Meine Freundin und ich genossen den Tag zusammen, beobachteten wie mein drei Jahre alter Sohn auf dem Rücken seines zwölf Jahre alten Cousins ritt, während dieser durch das flache grüne Wasser plantschte. Es war Ebbe nahe dem Damm, wo eine kleine Bucht den Jungs reichlich Platz zum Spielen im kühlen Wasser abseits vom Strand bot. Der perfekte Ort!

Ich atmete tief durch, öffnete den Wasserkühler, nahm meine eiskalte Wasserflasche und trank einen großen Schluck. Ich musste erfrischt und hydratisiert bleiben, da ich fast im neunten Monat schwanger mit meinem dritten Sohn war. Ich schloss die Kühlbox und schaute wieder auf meinen Sohn im Wasser. Er und sein Cousin hatten sich getrennt und er rannte lachend und spritzend durch das Wasser. Dann sah es aus, als hätte er sich hingesetzt, aber er schien zu tief im Wasser zu sitzen. Da stimmte etwas nicht.

„Was macht er da? Warum steht er nicht auf?“ schrie ich und erhob mich aus dem Stuhl. „Das verstehe ich nicht…“

„Das ist komisch“, sagte meine Freundin.

Ich fühlte Panik durch meinen Körper jagen. „Gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir“, betete ich während ich zum Wasser lief, die Augen auf seinen kleinen Kopf fixiert, „du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus, heilige Maria Mutter Gottes… gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir…“ Durch das Wasser laufend wunderte ich mich: „Warum steht er nicht auf? Bitte lass seinen Kopf nicht unter Wasser tauchen, bitte Jesus.“

Atemlos und voller Angst erreichte ich die Stelle, von wo aus ich sehen konnte, dass er in ein Loch in dem sandigen Boden gefallen war, das von dem Strand aus nicht zu erkennen war. Er strampelte wie wild im Wasser, versuchte seinen Kopf über Wasser zu halten. Der Schreck durchfuhr mich wie ein Blitz. Ich fasste meinen Sohn und zog ihn an mich während ich aus dem Loch kletterte. „Gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Bitte Maria, bitte rette ihn, bitte Maria, Jesus wird auf dich hören. Du bist gebenedeit unter den Frauen…“

Sein Atem ging schwer.

„Ruft den Notarzt!“ rief ein Mann.

Ich drehte mich um und sah den Mann verwundert an.

„Was? Sein Kopf war nie unter Wasser“, sagte ich, und fragte mich, woher der Mann plötzlich kam.

„Ruft den Notarzt. Falls er Wasser inhaliert hat, könnte er auf dem Parkplatz ertrinken! Rufen Sie den Notarzt!“ meinte er forsch.

Ich drehte mich um und rief meiner Freundin zu, den Notarzt zu rufen. Gleichzeitig wunderte ich mich verstört, wovon er sprach.

Mein Sohn erbrach sich über meine Schulter.

Ich schrie erneut: „Ruf meinen Ehemann an.“

„Gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade…“

Der Mann kam ein wenig näher.

„Ich war auf der anderen Seite der Bucht und Gott sprach in meinem Herzen. Er sagte mir, intensiv zu beten und sofort auf die andere Seite der Bucht zu laufen. Ich sah Sie in Panik und wusste, dass ich da hingehen sollte und der Bub derjenige war, für den ich beten musste.“

Ich starrte ihn an, geschockt von seinen Worten und dem Ernst der Lage.

Ich hielt meinen Sohn fest. „Alles ist gut, Schatz.“ Stillschweigend fuhr ich fort: „Gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir…“

Mein Mann kam, nahm unseren Sohn und legte ihn über die Schulter.

Er erbrach erneut.

Ich wischte ihm den Mund ab, beugte mich nah an sein Gesicht und sagte: „Du wirst wieder gesund, Schatz. Alles wird gut.“ Dabei versuchte ich verzweifelt meine wachsende Angst und Sorge zu verbergen.

„Gegrüßt seist du Maria…“ betete ich immer weiter, während ich versuchte, ihn zu beruhigen.

Der Krankenwagen traf ein. Die Rettungssanitäter übernahmen.

„Wir rufen den Hubschrauber der Küstenwache, um ihn ins All Children’s Hospital zu fliegen“, sagten sie.

„Was? Warum? Sein Kopf ist nie unter Wasser getaucht“, sagte ich.

„Das macht keinen Unterschied, wir müssen sicher sein, dass er in Ordnung ist“, sagten sie.

Ich sah sie entsetzt an. Das konnte nicht wahr sein, dachte ich.

„Gebenedeit unter den Frauen…“

Mein Mann und ich starrten einander an.

Der Mann neben mir brach die Stille.

„Ich werde nicht aufhören zu beten.“

Der Hubschrauber landete.

Der Rettungssanitäter stieg aus dem Hubschrauber und kam auf uns zu, öffnete seine Arme, um unseren Sohn zu nehmen.

„Ich komme mit ihm“, sagte ich.

„Es tut mir leid, aber Sie können nicht mit uns im Hubschrauber fliegen. Wir können uns nicht um ihn und auch noch um Sie kümmern. Sie könnten durch den Stress Wehen bekommen. Wir werden uns gut um ihn kümmern.“

„Ich werde gehen“, erklärte mein Ehemann.

„Nein, auch Sie können wir nicht mitnehmen, nur den Jungen. Wir müssen uns auf ihn konzentrieren“, bekräftigten sie.

Hilflos sahen mein Mann und ich zu, wie sie unseren Sohn in den Hubschrauber trugen.

„Gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade, bitte Jesus, Maria, bitte…“

„Lass uns fahren“, sagte mein Mann.

Wir sprangen ins Auto und rasten die Bucht entlang zum All Children’s Hospital.

„Du darfst keine vorzeitigen Wehen bekommen“, sagte er.

„Mir geht es gut“, sagte ich, „Bring uns einfach nur schnell dorthin“, während ich leise betete, „gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes.“

Wir erreichten den Parkplatz der Notaufnahme und rannten in das Krankenhaus. Sie leiteten uns durch den Tunnel zum Flügel der Kinderklinik.

Mein Ehemann rannte und ich folgte ihm, außer Atem, ohne Schuhe und mit einem nassen Badeanzug bekleidet.

„Gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade…“

Wir wurden in sein Zimmer gebracht. Ich legte mich in sein Bett und hielt ihn fest.

Der Arzt kam herein.

„Er ist stabil und in gutem Zustand, aber wir werden ihn zur Sicherheit über Nacht hier behalten“, sagte er.

Ich seufzte erleichtert, dann betete ich lautlos weiter, während meine Gedanken verwirrt umherschwirrten, wie das alles passieren konnte.

Mein Sohn schlief in meinen Armen ein, und ich fühlte mich dankbar, aber schuldig. Ich war eine schlechte Mutter, die ihren Sohn fast ertrinken ließ. Voller Scham ließ ich meinen Tränen in dem dunklen, stillen Krankenhauszimmer freien Lauf.

Vor Kummer schluchzend nahm ich mein Telefon und rief meinen geistlichen Vater an, einen heiligmäßigen Priester. Es war halb zehn in der Nacht, so dass ich wenig Hoffnung hatte, dass er abheben würde… doch seine Stimme unterbrach meine besorgten Gedanken.

Er hob ab!

Ich breitete vor ihm die ganze furchtbare Geschichte aus, was an diesem Tag passiert war.

„Bitte bete für ihn, Vater“, bat ich.

Er betete mit mir, aber ich fühlte mich noch immer ganz aufgewühlt.

„Mein Sohn ist meinetwegen beinahe ertrunken“, gestand ich.

„Nein. Du hast ihm das Leben gerettet“, sagte er beruhigend.

Schluchzer der Erleichterung mischten sich unter mein ängstliches Weinen.

„Gott ist bei dir. Alles wird gut werden“, sagte er.

„Danke, Vater“, sagte ich. Mein Blick fiel auf meinen kleinen Sohn, der friedlich dem Trauma des Tages entschlief. Ich kuschelte mich eng an ihn, während meine Lippen weiter zu Maria um Fürsprache beteten, bis auch ich endlich einschlief. „Gegrüßt seist du Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir…“

Am nächsten Morgen verließen wir mit unserem fröhlichen, gesunden Sohn dankbar das Krankenhaus.  Wir waren kaum zu Hause angekommen, als sich mein Mann ihm zuwandte und sagte: „Es ist an der Zeit, dass wir wieder schwimmen gehen, Kumpel.“

Ängstlich starrte ich meinen Mann an. Er flüsterte: „Lass mich das tun.“

Mit Herzklopfen beobachtete ich, wie mein Ehemann ihn ins Wasser lockte und sie fröhlich gemeinsam umher schwammen.

In seiner nächsten Schwimmstunde erzählte mir die Lehrerin, dass sie ihm erst letztes Mal beigebracht hatte, wie man Wasser tritt.

Ich musste weinen.

Danke Jesus, danke Maria.

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Rosanne Pappas

Rosanne Pappas ist Künstlerin, Autorin und Rednerin. Sie inspiriert andere, indem sie persönliche Geschichten über Gottes Gnade in ihrem Leben teilt. Seit über fünfunddreißig Jahren verheiratet leben sie und ihr Ehemann in Florida und haben vier Kinder.

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