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Nov 26, 2020 579 0 Sean Booth, UK
Begegnung

Das schönste Weihnachtsfest

Letztes Weihnachten erhielt Sean Booth ein Geschenk, das er nie wieder vergessen sollte…

Ich habe in meinem Leben schon viele Segnungen erhalten, doch für das unvergesslichste Weihnachtsgeschenk meines Lebens musste ich eine Prostituierte bezahlen! Warum? Lass mich die Geschichte erzählen.

Schicksalhafte Begegnung

Vor etwa drei Jahren half ich in einem Obdachlosenzentrum aus. Das war in Manchester, England. Wir teilten jeden Sonntag an die Bedürftigen Essen aus und erzählten auch vom Evangelium. Einer der Männer, die immer kamen, war Muslim. Er war zwar nicht obdachlos, aber kam gerne für ein bisschen Gesellschaft zu uns. Über die Monate knüpften wir eine enge Beziehung und tauschten uns über unsere jeweiligen Glaubensrichtungen aus. Oft unterhielten wir uns stundenlang. Als Weihnachten näher rückte, erklärte ich, wie besonders die Weihnachtszeit für uns Christen ist und fragte ihn, ob er mich gerne zur Mitternachtsmette begleiten würde. Er nahm die Einladung gerne an, da er noch nie in einer katholischen Kirche gewesen war, geschweige denn einen Gottesdienst besucht hatte.

Zur gleichen Zeit arbeitete ich auch noch ehrenamtlich bei einer katholischen Pfarrei im Stadtzentrum, die im Rahmen einer Wohltätigkeitsorganisation Mahlzeiten und ein Bett für obdachlose Asylwerber bereitstellten. Viele dieser Männer waren ebenfalls Muslime. Gottes Vorsehung fügte es, dass ich laut Dienstplan an Heiligabend dort übernachten sollte. Es wurde wirklich jede helfende Hand gebraucht, da die Priester mit den Vorbereitungen für die Weihnachtstage beschäftigt waren. Als wir an diesem Abend gemeinsam zu Abend aßen, lud ich die Männer zur Christmette ein, und fünf von ihnen nahmen die Einladung an. Ich erklärte, dass ich noch einen Freund abholen müsse, aber vor Mitternacht zurück sein würde.

Ich holte also meinen muslimischen Freund ab, und wir fuhren zurück in die Innenstadt. Auf dem Weg sahen wir eine Frau, die uns verzweifelt zuwinkte. Obwohl ich sie für eine Prostituierte hielt, stoppte ich den Wagen, um sicherzustellen, dass es ihr gut ging. Ich kurbelte das Fenster herunter, und sie bat mich, sie zu einer Apotheke mitzunehmen. Es fuhren keine Busse mehr und die Apotheke schloss um Mitternacht. Ich stimmte zu. Unterwegs lehnte sie sich plötzlich nach vorne und fragte, ob ich mit ihr „ins Geschäft kommen wollte“. Ich lehnte ab und erklärte ihr, dass wir an Gott glaubten und gerade auf dem Weg in die Kirche waren. Dann fragte ich sie, ob sie nicht mitkommen wollte.

Sie brauchte das Geld

Die Dame entschuldigte sich, falls sie uns beleidigt hätte und meinte, sie könne nicht mitkommen, weil sie heute noch dringend „Geld verdienen“ müsse. Wir erreichten die Apotheke, und sie ging hinein. Ich fühlte den Impuls, ihr zu folgen und sie zu fragen, ob ich mit ihr beten darf. Sie schloss die Augen und streckte beide Hände aus.  Während ihr Rezept vorbereitet wurde, standen wir an der Theke, hielten uns an den Händen und beteten. Es war wunderschön. Sie war so offen.

Draußen lud ich sie noch einmal zur Christmette ein, doch sie meinte, sie brauchte das Geld so dringend und konnte nicht kommen. Da kam mir ein Gedanke. Ich hatte genug Geld für die Kollekte dabei, aber wenn ich sie bezahlen würde, damit sie mitkommt, wäre es ja auch irgendwie eine Gabe für die Kirche…

Vielleicht wäre das ihre Chance, Jesus zu begegnen, ihr Herz in der Messe zu öffnen, wo Himmel und Erde sich berühren. Es würde sie gleichzeitig vor ihren unheilvollen Plänen bewahren. So bot ich ihr mein Geld an und sagte, dass es nur eine Stunde dauern würde und außerdem viel wärmer wäre als draußen auf der Straße zu stehen. Sie überlegte und stimmte schließlich zu. Mein Herz machte einen Freudensprung, und ich dankte Gott. Als wir um zwei Minuten vor Mitternacht bei der Kirche eintrafen, warteten die Asylwerber schon auf den Stufen auf uns. Ich war von Ehrfurcht erfüllt. Bevor wir alle hineingingen, fragte ich, ob wir gemeinsam beten könnten. Ich bat um den Segen des Herrn für jeden einzelnen von diesen wunderbaren Menschen, dass jeder von ihnen sich willkommen fühlte und dass der Friede Christi auf sie alle herabkommen möge. Die Frau dachte ich wäre ein Priester und war überrascht, als ich lachend verneinte.

Sie weinte wie ein Baby

Als wir hineingingen, fühlte sich alles so surreal an, dass ich mich am liebsten kneifen wollte. Ich fühlte mich so gesegnet! Nur Gott hatte das so arrangieren können. Ich hatte Tränen in den Augen, dankte und pries Gott, war überwältigt von seiner Güte, dass er mir erlaubt hat, hier in seiner Gegenwart mit meiner neuen Gruppe von Freunden zu sein. Mein Herz floss über von Dankbarkeit und Liebe. Es gab keinen Ort auf der Welt, an dem ich jetzt lieber gewesen wäre.

Beim Kommuniongang erklärte ich ihnen, wie sie einen persönlichen Segen von Jesus durch den Priester empfangen konnten. Die Dame meinte: „Schau mich doch an! Schau, was ich anhabe. Die Leute werden gucken. Ich kann da nicht hinaufgehen.“ Ich sagte ihr, wenn das wahre Christen sind, werden sie dich nicht verurteilen, denn Jesus hat gesagt, wir sollen nicht richten, damit wir nicht gerichtet werden für die Sünden, für die wir uns schämen. Ich erklärte ihr, dass Jesus für die Sünder kam, die Ausgestoßenen am Rand der Gesellschaft. Er hat sogar eine Frau verteidigt, die beim Ehebruch ertappt worden war. (Jh 8,1-11) Er aß und trank oft mit Steuereintreibern und Prostituierten. Ich versicherte ihr, dass sie sowohl würdig als auch willkommen war.

Der muslimische Mann hörte jedes unserer Worte und stimmte zu. Ich sagte ihr, die Augen des Herrn seien die einzigen Augen, deren sie sich bewusst sein musste. So ging sie schließlich schluchzend nach vorne. Wenn doch nur jeder zu einem Segen oder zur Kommunion in demselben Bewusstsein der eigenen Unwürdigkeit und Gebrochenheit gehen würde, wie dieses schöne Gotteskind, hätten wir eine ganz andere Kirche.

Ein Priester sagte mir einmal in der Beichte: „Die Kirche ist kein exklusiver Club für Heilige, sondern ein Krankenhaus für Sünder.“ Auch der heilige Paulus erinnert uns daran: „Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren.“ (Röm 3,23) Wir ALLE! Als wir wieder am Platz waren, weinte sie noch immer. Auch die muslimischen Männer gingen nach vorne, um durch den Priester den Segen Christi zu empfangen. Ich konzentrierte mich auf den Moment und mir wurde klar, dass Jesus nun wirklich in mir präsent war durch die heilige Kommunion. Da konnte ich mit noch mehr Liebe für meine Gefährten beten.

Das größte Geschenk

Zum Abschluss der Messe wünschte der Priester allen ein frohes Weihnachtsfest. In typischer, zurückhaltender katholischer Manier gab es keine große Resonanz, abgesehen von einer Person – meiner Freundin, die antwortete: „Und auch Ihnen, Herr Pfarrer, fröhliche Weihnachten!“ Ich musste schmunzeln und strahlte innerlich vor Freude. Der Priester war erst schockiert, lächelte dann und bedankte sich bei ihr. Als die Leute sich umdrehten, um zu sehen, wer das gesagt hatte, meinte sie nur: „Naja, er hat es uns ja auch gewünscht!“ Da konnte ihr niemand widersprechen. Amen.

Eingangs erwähnte ich, dass es das denkwürdigste Weihnachtsgeschenk war, das ich je erhalten hatte. Und was für eine absolute Ehre, ein Privileg und Segen es war, mit diesen wunderbaren Menschen diese Nacht zu verbringen! Nichts ist jedoch vergleichbar mit dem allerersten und größten Geschenk, das die ganze Welt vor über 2000 Jahren erhielt, am allerersten Weihnachtsfest – als Gott selbst Menschen wurde in einem unschuldigen Kind – als das Licht in unsere Dunkelheit geboren wurde und die Welt für immer verändert wurde.

Das ist die wahre Botschaft von Weihnachten: Jesus in unserem Leben willkommen zu heißen, sei es zum ersten oder zum wiederholten Mal. Das ist das wahre Geben und Nehmen. Ihm zu erlauben, in uns geboren zu werden, ihn mit Freude, Liebe, Ehrfurcht und Staunen zu empfangen. Er gibt sich uns in jedem Augenblick an jedem einzelnen Tag. Wir müssen aufmerksam hinhören und Antwort geben, wie die Hirten, als es hieß: Kommt und seht! „Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten.“ (Lk 2,20) Lasst uns wie die Engel zu Boten Gottes werden und die Menschen einladen, Jesus für sich persönlich zu entdecken.

„Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht.“ (Jes 9,1) Wirst du an diesem Weihnachtsfest das Licht jenen bezeugen, die im Finsteren leben? Den Einsamen, Depressiven, Unterdrückten, den Ausgestoßenen, Niedergeschlagenen, Vergessenen und Verlorenen, den Verlassenen, Kranken und Obdachlosen, den Gefangenen, Alten, Waisen und Witwen? Du wirst nicht lange suchen müssen. Du findest sie vielleicht in deiner eigenen Familie. Es kann ganz einfach geschehen, indem du sie in deine Gebete einschließt. Oder möchtest du dich vielleicht dafür einsetzen, mit jemandem das größte Geschenk zu teilen, das man sich überhaupt wünschen kann – das Geschenk von Jesus Christus? Mache es dieses Jahr zum unvergesslichsten Weihnachten für deine Mitmenschen und auch für dich selbst!

Wir müssen uns der Schwachen annehmen „in Erinnerung an die Worte Jesu, des Herrn, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen.“ (Apg 20,35)

Erinnern wir die Welt daran, dass es zu Weihnachten um Jesus geht!

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Sean Booth

Sean Booth ist Mitglied der Lay Missionaries of Charity aus Manchester, England, und studiert derzeit am Maryvale - Institut in Birmingham, England, den Bachelor of Divinity.

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